Warum Latein - das ist doch eine tote Sprache?

So hört man es häufig, wenn es in den Klassenstufen 6 bzw. 8 um die Wahl einer zukünftigen zweiten bzw. dritten Fremdsprache geht. – An dieser Aussage ist nur eines richtig, nämlich, dass Latein heute in keinem Land der Erde mehr in Reinkultur gesprochen wird. Aber ist die Sprache deshalb tot? Wir, die Lehrer der Fachschaft Latein am LMG, meinen „Nein, keinesfalls!“ Deshalb haben wir euch/Ihnen im Folgenden einige wichtige Argumente zusammengestellt.

 

 

Sieben gute Gründe, auch heute noch Latein zu lernen
 

  1. Latein als `Muttersprache` Europas
    Das vor ca. 2000 Jahren in seiner höchsten Blüte stehende Römische Reich stellte den größten Machtkomplex dar, den es je auf europäischem Boden gegeben gab. Im Zuge ihrer Eroberungen hinterließen die Römer den unterworfenen Völkern jedoch nicht nur zahlreiche kulturelle Errungenschaften, sondern nahmen mit dem von ihnen gesprochenen Latein auch maßgeblichen Einfluss auf deren jeweilige Sprachen. So lassen sich das heutige Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Rumänisch und Französisch (und selbst zum großen Teil Englisch) mit vollem Recht als Tochtersprachen des Lateinischen betrachten. Das aber bedeutet: Die Kenntnis der lateinischen Sprache stellt eine große Erleichterung für das spätere Erlernen dieser modernen Fremdsprachen dar. Das folgende Beispiel mag diese Aussage noch verdeutlichen:
    LateinItalienischSpanischPortugiesischFranzösischDeutschEnglisch
    ventusventovientoventoventWindwind

    Latein als Grundlage vieler Fremd- bzw. Lehnwörter im Deutschen

  2. Ein ähnlicher Wiedererkennungseffekt wie bei den modernen Fremdsprachen ergibt sich auch bei vielen aus dem Lateinischen abgeleiteten Lehn- und Fremdwörtern. So lassen sich z.B. die Wörter ´Computer´ von computare = rechnen, `Fraktur` von frangere = brechen und ´legal´ von lex = Gesetz für den Lateinkenner problemlos in ihrer deutschen Bedeutung erschließen.
     
  3. Latein als wichtige Wissenschaftssprache auch in heutiger Zeit
    Entgegen anderen Aussagen lebte und lebt Latein auch heute noch, lange Zeit nach dem Zerfall des Römischen Reiches, weiter. So wird Latein z.B. in der Kirche z. T. bis heute gesprochen und gesungen, war lange Zeit die Sprache der Verwaltung und Gerichte und blieb bis ins 20. Jahrhundert hinein eine wichtige Sprache der Wissenschaft. (Latein bildet, um nur die bekanntesten Fächer zu nennen, z.B. die unentbehrliche Grundlage für den Großteil der wissenschaftlichen Fachbegriffe in den Studienfächern Medizin, Jura und Theologie.)
     
  4. Latein als eine der Grundlagen für die Bedeutung Wittenbergs
    Wenn wir oben von Latein als ´Sprache der Wissenschaft´ gesprochen haben, so muss hier ganz speziell für Wittenberg ein Mann besonders genannt werden, der auch als Namensgeber für unsere Schule fungiert, Philipp Melanchthon, der Praeceptor Germaniae (Lehrer Deutschlands). Auf dem Marktplatz kann man seine Statue sehen, wo ihn Menschen aus aller Welt bewundern. Viele Wittenberger berufen sich mit Stolz auf seinen Namen – und doch kann kaum einer ihn im Original lesen. Melanchthon war ein hervorragender Kenner der Alten Sprachen und hat den größten Teil seines riesigen literarischen Werkes natürlich in der damaligen Wissenschaftssprache schlechthin, dem Lateinischen, verfasst. Auch hier gilt also: Wer etwas tiefer in das Werk der beiden bekanntesten Männer unserer Stadt, Luther und Melanchthon, eindringen will, tut gut daran, Latein zu lernen.
     
  5. Latein als `Modell von Sprache`
    Latein verschafft dem Lernenden so etwas wie ein `grammatisches Rückgrat`, denn der Schüler lernt durch die logische Struktur des Lateinischen wie eine Sprache grundsätzlich funktioniert. (Durchaus typisch dafür ist die Aussage vieler Schüler: „Durch den Lateinunterricht habe ich die Grammatik des Deutschen erst richtig verstanden.“) . Somit aber wird Latein gewissermaßen zu einem „Modell für das Funktionieren von Sprache allgemein“.
     
  6. Latein als ´Kontrasterfahrung zu den übrigen Schulfächern´
    Durch seine spezifisch antiken Themen (im Anfangsunterricht Gladiatorenspiele, Theater, antike Götterkulte etc., später auch philosophische Fragen und Antworten zu allgemeinen Problemen menschlicher Existenz usw.) bietet der Lateinunterricht einen reizvollen inhaltlichen Kontrast zu den stofflichen Schwerpunkten moderner Fremdsprachen. Gerade durch diese veränderte Perspektive aber kann der Lateinunterricht somit interessierten Schülern zu einer stark erweiterten Weltsicht und damit zu ganz neuen Beurteilungen von Prozessen und Geschehnissen in unserer heutigen Zeit verhelfen.
     
  7. Das Latinum als für viele Studiengänge immer noch unumgängliche Zulassungsqualifikation!
    Viele Universitäten haben die hohe Bedeutung des Lateinischen für etliche ihrer Studiengänge (so etwa Deutsch, Geschichte, Englisch, Französisch, Griechisch, Theologie, Philosophie, Archäologie; - nützlich, aber im Regelfall nicht Pflicht: Jura, Medizin, Biologie) längst erkannt und verlangen deshalb von ihren Studenten das sog. `Latinum`. Dieses kann nun in all seinen Formen (`kleines´, ´mittleres` bzw. `großes Latinum´) bereits an unserer Schule durch den Lateinunterricht ab Klasse 7 oder 9 erworben werden. Der Schüler erspart sich auf diese Weise ein oft sehr mühsames Nachlernen der Sprache an der Universität.

Wir hoffen, dass wir euch /Ihnen mit den oben stehenden Anmerkungen verdeutlichen konnten, dass es auch in heutiger Zeit durchaus sinnvoll ist, Latein zu lernen. Wir freuen uns, wenn er ihr euch für Latein entscheidet und stehen euch natürlich gern für Fragen zur Verfügung.

Fachschaft Latein am LMG