Foto Schulparabel

Da es mittlerweile etliche Schüler, Lehrer und Interessierte gibt, die den spektakulären Umbau unserer Schule nicht selbst miterlebt haben, die vieles nur aus vagen Legenden und Anekdoten wissen, werden wir an dieser Stelle auf ganz eigenwillige Art Rückschau betreiben. In unserer Schulparabel wird das Schulhaus selbst lebendig und erzählt seine spannende Geschichte. In regelmäßigen Abständen spricht "Vilma H. Kunterbunt" zu uns und berichtet eine neue Geschichte aus ihrer Vergangenheit. Mit der Zeit wird somit eine lustige Chronik entstehen, die allen Fördervereinsmitgliedern in unserer "Hauspostille" zugestellt wird. Viel Spaß!

Kapitel 1:
Gestatten, hochverehrte Leserschaft der ersten Hauspostille, gleichsam Förderer der Hundertwasserschule. Mein Name ist Vilma Kunterbunt. Ich werde die außergewöhnlichste Erzählerin sein, die je zu Ihnen gesprochen hat. Ich freue mich sehr, Sie fortan mit Geschichten über mein Dasein zu unterhalten und zudem als Interviewerin tätig zu sein - wichtige Persönlichkeiten wie den Schulleiter ins Gespräch verwickeln zu dürfen, vielleicht das ein oder andere Geheimnis aus Berühmtheiten, etwa der Geliebten des bekannten Künstlers Hundertwasser, herauszukitzeln. Ich kann es kaum erwarten, von meinen liebsten Schülern zu berichten und von meinem Vertrauten, dem Hausmeister, zu schwärmen.

Mein wahres Alter verschweige ich Ihnen ganz damenhaft, obgleich Sie es sich wohl errechnen könnten, doch sei Ihnen sogleich versichert, dass unsereins anders altert als der Mensch, und obwohl manchmal mein Putz bröckelt, so erfreue ich mich doch einer wunderbaren Gesundheit und kann mich frühmorgens in den Autofenstern der Eltern spiegeln, die ihre Kinder jahrein, jahraus zu mir bringen, ohne jegliche Falten bemängeln zu müssen.

Doch beginne ich trotz allem mit dem Jahr 1975, in dem ich, Vilma H. Kunterbunt, das Licht der Welt erblickte, als Polytechnische Oberschule. Damals galt das, um ein jugendsprachliches Wort zu gebrauchen, als cool, sodass noch 350 andere Schulen dieser Art von der Ostsee bis zum Thüringer Wald mein Schicksal teilten. Lassen Sie mich erwähnen, dass ich diese Zeit heute als meine persönliche Pubertät bezeichne, die viel länger andauern sollte, als die jener, die tagein, tagaus mein Haus betreten. Anfangs fand ich meinen grauen Mantel samt seiner vereinzelten roten Streifen noch um einiges moderner, zudem ich damals auch die neue Erfahrung noch sehr genoss, durch die akkuraten, perfekt geometrischen Fenster spähen und den eifrigen Schülern beim Lernen zusehen zu können. Obgleich ich inmitten einer Plattenbausiedlung nur wenig Inspiration fand, so traten mir doch durch die Jugend manchmal Farben und Formen vor die Augen, die eine ganz magische Anziehungskraft auf mich auszuüben schienen. Allerdings selbst einmal so farbenfroh und kurvenreich, so majestätisch und anlockend bunt sein zu dürfen, dies kam mir zu jener Zeit kaum in den Sinn. Selbst wenn, so würde es ein ewiger Traum bleiben, dessen war ich mir sicher.
Meine erste Persönlichkeitskrise ereilte mich dann zur Wende, in einer Zeit, in der ich so manches Mal bröckelte und neue Wahrheiten viel zu oft in der Ferne suchte, anstatt mich auf mich selbst zu konzentrieren. Es sollte noch einige Zeit dauern, bis ich begriff, dass ich selbst zu Wunderbarem fähig sein würde.
Ich war so unglücklich zu jener Zeit, da ich weder hübsch war noch von den Schülern geachtet wurde und weil, wie gesagt, ich nach all den Jahren eine Sanierung bitter nötig hatte. Wie gern hätte ich damals einfach meinen tristen, grauen Panzer verlassen. Doch ich wollte die jungen Menschen nicht aufgeben, deren Lehranstalt ich doch war, egal wie ungern sie mich an manchen Tagen heimsuchten. Ein zartes Fünkchen Hoffnung brachte 1991 schließlich die Neue Schulreform mit sich, die mich über Nacht zu einer Höheren Lehranstalt, einem Gymnasium, erhob. Aus diesem Leuchtstreifen am Horizont sollte sehr bald ein wunderbar warmes Licht werden, das mich und meine Kinder in ein fantastisches Bunt einhüllte. Darin fühlten wir uns bald nicht nur ausgesprochen wohl, sondern entwickelten auch jede Menge schräge Einfälle für die Zeit im und nach dem Unterricht, die mich mein graues Vorleben fast vergessen ließen...


Aber davon werde ich Ihnen im nächsten Kapitel erzählen.
Viele Grüße und alles Gute

Ihre Vilma H. Kunterbunt